Wie die Sprachführer für die psychosoziale Beratung auf Englisch entstanden sind
Die Vorgeschichte
Ich war schon immer ein Fan von Wörterbüchern. Mein erstes Wörterbuch war von Langenscheidt, ein Wörterbuch Englisch – Deutsch, Deutsch – Englisch in der 6. Klasse. Ich habe es geliebt und erinnere mich immer noch an den Geruch und die Textur des Papiers. Ich habe sorgfältig meinen Namen auf die Innenseite des Buchdeckels geschrieben (Nadine Seiler, Klasse 6b), um sicherzugehen, dass es mir niemals verloren geht. Irgendwann ist es leider auseinandergefallen und ich habe es aufgegeben.
Später dann ist ein Collins Dictionary dazugekommen. Ein richtig großes Wörterbuch. Darüber hinaus kleine und große Wörterbücher sowie Sprachführer für Russisch und Französisch – von Hueber, Pons, Langenscheidt und anderen Verlegern. Je nachdem, welche Sprache ich gerade lernte.
Wörterbücher und Sprachführer sind für mich mit Lebensqualität und Freiheit verbunden. Mit dem Wunsch, das Wissen, was da gesammelt ist, in seinen Farben und Klängen zu erleben und Beziehungen – sowohl im Privaten als auch in der Arbeit – aktiv zu gestalten.
Die Idee
Viele Jahre und einige Auslandsaufenthalte (Frankreich, England und Russland) später beschloss ich, nach England zu ziehen. Ich schrieb meine Diplomarbeit und begann, mich nach Jobs in der Sozialarbeit umzusehen. Da ich vorbereitet sein wollte, suchte ich nach einschlägigen Wörterbüchern. Der Engländer würde jetzt sagen, „It was slim pickings“ – mit wenig Erfolg! Damals – 2005/ 2006 – gab es so gut wie nichts in dem Bereich. Ich fand ein schmales Wörterbuch für Pädagogik, das jedoch so dünn war, dass ich vieles, was ich suchte, nicht fand. Ich war besser dran mit einem Standardwörterbuch.
Damals träumte ich davon, selbst einen Sprachführer zu schreiben. Ich stand in den Startlöchern meiner beruflichen Laufbahn und bemühte mich, mit meinen KlientInnen zu kommunizieren. Es gelang mir gut, doch was mir fehlte, waren Feinheiten. Die Palette von formell-gehoben und Standard-Englisch bis hin zu alltagstauglich und umgangssprachlich – sie lag irgendwie bunt und ungeordnet vor mir. Ich wollte mehr: Ich wollte den richtigen Ton treffen und Virtuosin sein, die sprachlichen Möglichkeiten vor mir sehen und elegant darauf zugreifen können. Sprachbeherrschung als eine Form von Freiheit!
Damals war ich noch unerfahren und brauchte mehr Expertise. So arbeitete ich die darauffolgenden Jahre – zunächst als Sozialarbeiterin im Jugendamt, dann selbstständig in meiner eigenen Firma: Ich begleitete Familien und Kinder mit Förderbedarfen und verfasste Gerichtsgutachten im Kinderschutz - bei Scheidungs- und Pflegschaftsverfahren. Ich führte zahllose Gespräche über die Jahre: mit Eltern, Kindern, SozialarbeiterInnen, LehrerInnen, PolizistInnen, DrogenberaterInnen, PsychotherapeutInnen, HeimerzieherInnen, AnwältInnen, MediatorInnen und anderen Fachleuten.
Ich nahm an Hilfekonferenzen teil und moderierte sie später. Meine Arbeit präsentierte ich – zum Teil in Kreuzverhören - vor Gericht. Ich hörte den Menschen zu. Wie formulieren sie Fragen? Wie äußern sie Bedenken, Zweifel und Sorgen?
Wie beschreiben sie Entwicklungen und Veränderungen?
Wie wird nach Zielen gefragt? Und: Wie drücken sie Anerkennung aus? Dann die schwierigen Fragen, die, bei denen es auf die richtigen Präpositionen ankommt, damit der Satz überhaupt Sinn ergibt, wie zum Beispiel bei Vergleichen und Skalierungsfragen.
Der Sprachführer entsteht
2011 war es dann soweit. Der erste Sprachführer sollte entstehen. Ich hatte fünf Jahre in England gearbeitet und kannte wunderbare Menschen, die das Projekt unterstützen wollten. Co-Autor Denis Judge zum Beispiel, ein erfahrener Mediator und Coach in England.
Nun ging es darum, den Fokus des Buches festzulegen und es wurde schnell klar, dass es die professionelle Gesprächsführung sein würde. Es gab nichts Vergleichbares auf dem Markt und Gesprächsführung ist ein zentraler Bereich für die psychosozialen Berufe. Sprache als Werkzeug, um Menschen zu unterstützen. Um sie einzuladen, über ihre Situation nachzudenken, neue Perspektiven zu entwickeln und Entscheidungen zu treffen. Um Veränderungen zu begleiten und Hürden auf dem Weg zu überwinden.
Ich war 35 und tauchte in einen spannenden Prozess ein. Neun Monate dauerte die Arbeit am ersten Buch „Helfende Gespräche auf Englisch – Der umfassende Sprachführer für psychosoziale und pädagogische Arbeitsfelder“. Ich entwickelte Projektplan, Methodik, Themen und Rohsammlungen. Der Herausgeber einer der größten Fachzeitschriften für die Soziale Arbeit in Deutschland war begeistert und empfahl, das Buch bei einem renommierten Sprachlernverlag herauszubringen. Doch das wollte ich nicht. Ich wollte lernen, wie man Bücher selber herstellt – in eigener Manufaktur sozusagen. Ich gründete einen Fachverlag – Seiler Publishing Ltd – und sammelte Menschen um mich – Menschen, die auch für die Idee brannten und Lust hatten, etwas beizutragen. Zum Team gehörten u.a. eine Übersetzerin, eine Designerin, zwei Lektorinnen und ein Programmierer.
Es war ein aufregender und kreativer Prozess!
Das Wichtigste war, ein Buch zu schaffen, das praxisnah ist. Deshalb sind fast alle Wörter und Wendungen mit Satzbeispielen versehen. Damit Sie als LeserIn sehen, wie das Wort verwendet wird und in welchen Kontext es gut passt. Das schafft Sicherheit und ermutigt, das Wort oder die Wendung tatsächlich zu nutzen.
Das zweite Kriterium war Authentizität. Alle Wörter und Wendungen entstammen der Praxis – sie werden von den helfenden Berufen tatsächlich so gebraucht. Deswegen wurden alle Satzbeispiele von einem Muttersprachler, Co-Autor Denis Judge, geschaffen. Ein Experte mit jahrzehntelanger Erfahrung in der professionellen Gesprächsführung – ein gefragter Mediator und Coach im englischsprachigen Raum.
Das Ergebnis ist der umfassende Sprachführer Englisch – strukturiertes Vokabular und Beispielsätze auf über 320 Seiten. In der Folge entstanden der Survival-Guide Englisch, die Vokabelkarten sowie die Anleitung zur systemischen Arbeit mit Tierfiguren. Der Weg setzt sich fort: In Gesprächen mit FreundInnen und KollegInnen entstehen immer wieder Ideen und einige von ihnen sind sehr lebendig. Es wird weitere Veröffentlichungen geben! Es bleibt spannend!
Ein Wort zum Schluss
Liebe Leserin, lieber Leser,
ich wünsche Ihnen Freude und Leichtigkeit im Umgang mit der englischen Sprache - um vertrauensvolle Beziehungen zu schaffen und Menschen auf ihren Wegen zu unterstützen und zu begleiten!
Möge der Sprachführer Ihr verlässlicher Freund sein, ein Freund, der Sie inspiriert und anregt, der Ihnen Möglichkeiten aufzeigt und neue Freiheiten schafft!
Alles Gute bei Ihrer wertvollen Arbeit!
Herzlichst,
Ihre Nadine Seiler